Klicken Sie hier, um eine Maschinenübersetzung dieses Textes zu erhalten.
Wir brauchen eine ambitionierte EU-Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa  

In diesem Interview beantwortet AdR-Berichterstatterin Birgit Honé (DE/SPE), Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung des Landes Niedersachsen, fünf Fragen zum Thema sauberer Wasserstoff als zentrale Energiequelle, um bis 2050 das von der EU gesteckte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Birgit Honé hat die AdR-Stellungnahme zum „ Fahrplan für sauberen Wasserstoff – der Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu einem klimaneutralen Europa “ erarbeitet, nun soll sie auf der Plenartagung vom 1. bis 2. Juli mit einer hochrangigen Debatte über den europäischen Grünen Deal verabschiedet werden.

Sie sind AdR-Berichterstatterin zu sauberem Wasserstoff. Können Sie uns sagen, warum dieses Thema wichtig ist?

Der AdR unterstützt den europäischen Grünen Deal mit dem Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050. Wie wollen wir dieses Ziel erreichen? Dazu müssen wir viele verschiedene Lösungen auf Basis erneuerbarer Energien voranbringen. Sauberer Wasserstoff und abgeleitete synthetische Kraft- und Brennstoffe werden hierbei eine entscheidende Rolle spielen und benötigen jetzt einer besonderen Unterstützung.

Um einen ernsthaften Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten, müssen wir auf sogenannten „grünen Wasserstoff“ fokussieren, der auf der Basis von erneuerbaren Energien hergestellt wird. Grüner Wasserstoff bietet uns die Chance, sektorenübergreifend jene Bereiche klimaneutral zu entwickeln, wo Wasserstoff bereits als Rohstoff verwendet wird oder wo Energieeffizienzmaßnahmen und direkte Elektrifizierung keine Lösungen bieten. Dies ist beispielsweise in der energieintensiven Industrie, im Schwerlast- und Langstreckenverkehr, und bei der saisonalen Stromspeicherung der Fall.

Die notwendige Erholung von der COVID-19-Krise sehe ich als große Chance, diesen wichtigen Aspekt des europäischen Grünen Deals weiterzuentwickeln. Es ist richtig und wichtig, dass Frans Timmermans als Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission diesen Weg verfolgt und der überarbeitete Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU 2021-2027 mit seinem Wiederaufbauplan mehr Investitionen in sauberen Wasserstoff ermöglicht. Das Europäische Parlament und der Rat sollten nun diese Möglichkeiten im Gesetzgebungsprozess erhalten.

Warum fordern Sie eine EU-Wasserstoffstrategie?

Mit der AdR-Stellungnahme fordern wir eine EU-Wasserstoffstrategie mit dem Fokus auf grünen Wasserstoff, um zügig und koordiniert eine europäische Wasserstoffwirtschaft mit einem funktionierenden Wasserstoff‑Binnenmarkt aufzubauen und Wasserstoff-Regionen in Europa zu unterstützen. Eine EU-Wasserstoffstrategie kann Probleme angehen, die auf EU-Ebene am besten zu lösen sind. Dies sehe ich gerade in Deutschland und in meinem Bundesland, wo kürzlich die Nationale Wasserstoffstrategie vorgelegt wurde und wir eine regionale Wasserstoffstrategie erarbeiten.

Ich begrüße es außerordentlich, dass die EU-Kommission vorzeitig dieser Kernforderung der AdR-Stellungnahme nachkommt und angekündigt hat, Anfang Juli eine EU-Wasserstoffstrategie mit einem Maßnahmenfahrplan zu verabschieden. Ich hoffe, dass das Thema auf EU-Ebene unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft nun weiter an Fahrt aufnimmt. Bereits im März hatte ja die EU-Kommission die Gründung einer EU-Allianz für sauberen Wasserstoff; ähnlich der EU-Batterieallianz; angekündigt.

Die EU‑Wasserstoffstrategie bietet die Chance für eine EU‑weite Vision insbesondere für grünen Wasserstoff für 2030 und 2050, im Verhältnis zu anderen Energieformen im zukünftigen Energie- und Wirtschaftssystem. Die Strategie kann zur EU‑weiten Koordination der Entwicklung von Angebot, Nachfrage und Infrastruktur sowie der regulatorischen Aktivitäten auf Ebene der EU, der Mitgliedstaaten und der Regionen beitragen. Hierfür sollte sie einen Maßnahmenfahrplan beinhalten, der die Empfehlungen der AdR-Stellungnahme mit aufnimmt.

Sie sind als Ministerin nicht nur für die Europaangelegenheiten, sondern auch für regionale Entwicklung in Ihrer Region Niedersachsen zuständig. Welche Chancen sehen Sie in grünem Wasserstoff für die Regionen Europas?

Die Entwicklung von grünen Wasserstoff ist für viele Regionen in der EU schon heute ein zentrales Thema – auch in meiner Region, dem „Windenergieland“ Niedersachsen. Viele Akteure in meiner Region engagieren sich in Projektpartnerschaften, auch in INTERREG Projekten mit Partnern aus den Niederlanden. Wir als Land unterstützen diese Prozesse selbstverständlich.

Grüner Wasserstoff bietet die Chance, eine nachhaltigere, wettbewerbsfähigere und krisenfestere Wirtschaft aufzubauen. Mit grünem Wasserstoff können wir die regionalen Klimaschutzbemühungen und die regionale Entwicklung andererseits fördern. Wichtige Teile der Wertschöpfungskette können in den Regionen aufgebaut werden und so können wir positive regionale Effekte für die Innovation und Beschäftigung erzielen. Etwa 30 Regionen in der EU kooperieren bereits in der „European Hydrogen Valleys Partnership“. Zahlreiche europäische Regionen entwickeln eigene Wasserstoffstrategien, Förderprogramme und konkrete Projekte für grünen Wasserstoff. Mit Blick auf eine integrierte Entwicklung regionaler Wertschöpfungsketten und Sektorenkopplung im Umfeld von Industrieclustern können Regionen hier eine wichtige Vernetzungsfunktion von Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung mit Blick übernehmen. Dies macht Regionen zu unerlässlichen Partnern der EU für den Marktaufbau.

Was erwarten Sie genau von einer EU-Wasserstoffstrategie?

In der AdR-Stellungnahme legen wir eine Vielzahl von konkreten legislativen und nicht-legislativen Maßnahmen dar, die aus unserer Sicht in den integrierten Fahrplan einer EU-Wasserstoffstrategie gehören. Dabei haben wir fünf Schwerpunkte festgelegt:

1. Die Stärkung einer EU-weiten Nachfrage und Produktion. Wir brauchen Ziele für Erzeugungskapazitäten von grünem Wasserstoff in der EU – gekoppelt mit einer deutlichen Steigerung der Stromproduktion aus Wind, Sonne und Wasser. Dafür muss die EU Leitmärkte für grüne Wasserstofftechnologien fördern. Das Instrument der „Carbon Contracts for Difference“ soll näher geprüft werden.

2. Ein unterstützender EU-Rechtsrahmen für die Marktentwicklung und die Infrastruktur. Entscheidend ist eine EU-weite Nachhaltigkeitsklassifizierung von Wasserstoff. Wir brauchen eine Sektorenintegration, die den Wasserstoffmarkt gut in den Strom- und Gasmarkt integriert, mit einer Überarbeitung der einschlägigen EU-Gesetzgebung zu erneuerbaren Energien, zum Gasmarkt und zu transeuropäischen Energie- und Verkehrsnetzen.

3. Die Förderung durch Investitionen, Besteuerung und staatliche Beihilfen. Es bedarf eines Rechtsrahmens für u.a. durch die Gestaltung großer, staatlich geförderter Projekte (sog. IPCEI-Projekte), der Überarbeitung der EU-Energiebesteuerung und einer EU-Förderung u.a. durch den Innovationsfonds, das investEU-Programm und den Wiederaufbauplan nach COVID-19.

4. Die Förderung von Forschung, Innovation und Bildung, u.a. durch Einrichtung der Europäischen Partnerschaft für sauberen Wasserstoff und im Rahmen des angekündigten neuen europäischen Kompetenzpakts.

Und 5. muss die EU den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten und Cluster im Auge haben. Regionen müssen an Initiativen wie der Europäischen Allianz und der Europäischen Partnerschaft für sauberen Wasserstoff mitwirken können.

Ansprechpartner(in):

Carmen Schmidle

Mobile +32 (0)494 735787

carmen.schmidle@cor.europa.eu

David Crous

Mobile +32 (0)470 881037

david.crous@cor.europa.eu

Teilen :