Josef Frey: " Die Erleichterung der Energiewende auf lokaler Ebene vor Ort bringt einen Mehrwert für das Funktionieren eines neuen Strommarktes."
Zur Verwirklichung ihrer Klimaziele muss die EU ihr Stromsystem bis 2035 nahezu vollständig auf erneuerbare Energieträger umstellen. Daher fordern die Regionen und Städte die beiden gesetzgebenden EU-Organe auf, bei der Neugestaltung des EU-Strommarkts Ehrgeiz an den Tag zu legen. Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) weist darauf hin, dass die Energiewende flexible, dezentralisierte Lösungen erfordert, die von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unterstützt werden müssen. In diesem Rahmen haben sich die Mitglieder klar gegen die weitere Förderung von Nuklearenergie ausgesprochen. Die Stellungnahme von Josef Frey (DE/Die Grünen), Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, wurde vom AdR auf seiner Plenartagung am 5. Juli einstimmig verabschiedet.
Die Energiepreise sind seit 2021 sprunghaft gestiegen, mit äußerst negativen sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Die lokalen und regionalen Entscheidungsträger halten es für dringend erforderlich, angesichts der steigenden Energiepreise die Verbraucher zu schützen, die zunehmende Volatilität anzugehen und die Transparenz bei der Preisbildung zu verbessern. Mit einer Reform des EU-Strommarkts will die Europäische Kommission auf diese Herausforderungen reagieren, die erneuerbaren Energien fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie steigern. Die Energieminister der EU konnten sich am 19. Juni jedoch auf keinen gemeinsamen Standpunkt zur Reform des Strommarkts einigen. Die Gespräche werden unter spanischem Ratsvorsitz fortgesetzt.
Der AdR betont in seiner Stellungnahme, dass die Stärkung der lokalen und regionalen Dimension zur Energiesicherheit und lokalen Wertschöpfung beitragen und wirtschaftliche Vorteile bringen würde. Daher sollten die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Einklang mit den Klimazielen einen Fahrplan für eine klimafreundliche Energieversorgung in ihrer Region entwickeln, geeignete Gebiete für erneuerbare Energien und die erforderliche Infrastruktur ausweisen und "zentrale Anlaufstellen" zur Erleichterung der Energiewende entwickeln. Auch Bürgerinnen und Bürger, kleine und mittlere Unternehmen sowie lokale und regionale Gebietskörperschaften sollten die Möglichkeit erhalten, in lokale Erzeugungsanlagen zu investieren und davon finanziell zu profitieren.
""Die Aufgabe der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften besteht darin, die Energiewende auf lokaler und regionaler Ebene zu ermöglichen, indem sie lokale Verantwortung übernehmen und den Bürgern in der Region Dienstleistungen aus einer Hand anbieten. Die Erleichterung der Energiewende vor Ort und die Gewährleistung der Beteiligung aller Bürger und der Industrie auf lokaler Ebene können einen Mehrwert für die Energiewende und das Funktionieren der Strommärkte bringen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen im Energiebereich ist ein dezentrales System ohne zentrale und teure Kernkraft besser geeignet, um das Netz zu schützen und das EU-Ziel der Klimaneutralität zu erreichen", so der Berichterstatter Josef Frey, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg.
"Energiegemeinschaften können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen und die Energiewende auf lokaler Ebene zu verwirklichen. Verbraucher sollten ermutigt werden, zu aktiven Konsumenten und Produzenten und Konsumenten - Prosumern - zu werden. Kleine erneuerbare Energiesysteme können auch dazu beitragen, die Verbraucher unabhängiger von den globalen Rohstoffpreisen zu machen und die Energiewende vor Ort zu unterstützen", so Frey.
Die Regionen und Städte schlagen vor, dass der EU-Finanzierungsmechanismus für erneuerbare Energien genutzt werden sollte, um potenzielle Lücken zwischen den Beiträgen der Mitgliedstaaten und dem in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie festgelegten Ziel eines Anteils von 45 % erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch der Union im Jahr 2030 auszugleichen. Direkte Preisstützungsregelungen für neue Investitionen sollen nur für Technologien offen sein, die erneuerbar, nicht CO2-emittierend, kostengünstig und für eine rasche Einführung verfügbar sind, was die Kernenergie ausschließt. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem verpflichtet werden, nationale Strategien für den schrittweisen Abbau der bestehenden Kapazitäten für die Erzeugung, den Abbau und den Transport von Kohle, fossilem Gas und anderen fossilen Brennstoffen einzuführen.
Die so genannten zweiseitigen Differenzverträge - Verträge, die zwischen einem Stromerzeuger und einer öffentlichen Einrichtung mit dem Ziel der Preisstabilisierung geschlossen werden - sollten mit dem Ziel der Kostenneutralität gestaltet werden. Etwaige Mehreinnahmen sollten zur Unterstützung schutzbedürftiger Verbraucher, einkommensschwacher Haushalte und schutzbedürftiger Kunden in der energieintensiven Industrie oder zur Finanzierung von zentralen Anlaufstellen verwendet werden. Darüber hinaus fordert der AdR, Standortkriterien für Investitionen in erneuerbare Energien, Speicherung und Nachfragesteuerung zu berücksichtigen, um eine optimale Integration erneuerbarer Energien zu gewährleisten und weniger entwickelte Regionen in die Lage zu versetzen, von den Vorteilen billiger erneuerbarer Energien zu profitieren.
Gemeinschaften für erneuerbare Energien beziehen die Bürger auf lokaler Ebene ein und fördern die öffentliche Akzeptanz der Energiewende. Daher sollten sie von einer vorrangigen Nutzung öffentlicher Flächen, einer bevorzugten Behandlung bei der Erlangung von Netzanschlüssen und technischer Unterstützung sowie von vereinfachten Verfahren für die gemeinsame Nutzung von Energie profitieren. Darüber hinaus sollten alle Haushalte das Recht haben, Anlagen für erneuerbare Energien mit einer Leistung von bis zu 1 kW für den Eigenverbrauch ohne weitere Auflagen anzuschließen.
Die Regionen und Städte fordern die Kommission außerdem auf, die Integration der Märkte über die Grenzen hinweg voranzutreiben, da die Grenzregionen Drehkreuze zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittländern sind. Ziel sollte es sein, Energiegemeinschaften und die gemeinsame Nutzung von Energie über Grenzen hinweg zu ermöglichen.
Nähere Informationen: Fragen und Antworten zur Neugestaltung des EU-Strommarktes (Europäische Kommission)
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