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Wir fordern die Europäische Kommission dringend auf, eine neue EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel auszuarbeiten  

Der Klimawandel hat weitreichende Auswirkungen auf die Ökosysteme, ganze Wirtschaftszweige sowie die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen in Europa. Laut der Europäischen Kommission beliefen sich die in Europa durch extreme Wetter- und Klimaereignisse insgesamt verursachten wirtschaftlichen Verluste zwischen 1980 und 2016 auf mehr als 436 Milliarden EUR. In diesem Interview beantwortet Markku Markkula (FI/EVP) vier Fragen zur Anpassung an den Klimawandel. Markku Markkula, Vorsitzender des Stadtrats von Espoo und Vorsitzender des Regionalrats von Helsinki, ist Berichterstatter für eine im Entwurf vorliegende Stellungnahme zum Thema „Anpassung an den Klimawandel“ , die auf der nächsten Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen vom 8. bis 10. Dezember 2020 zur Verabschiedung ansteht.

Braucht Europa eine ehrgeizigere EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel, um die aktuellen und künftigen Herausforderungen bewältigen zu können? In welchen Bereichen vor allem müssen wir bei der Anpassung neue Maßstäbe setzen?

Klimafolgenanpassung und Klimaschutz müssen ineinandergreifen. Das eine geht nicht ohne das andere. Die politischen Entscheidungsträger sollten den Klimawandel als Notstand einstufen, der mit vereinten Kräften im Wege gemeinsamer innovativer Maßnahmen und Normen, durch Aufbrechen verkrusteter Strukturen und Überwindung von Hindernissen weltweit bekämpft werden muss. Europa sollte Pioniergeist beweisen und durch die Entwicklung und Anwendung innovativer Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimaaufheizung und Eindämmung ihrer Auswirkungen weltweit Maßstäbe setzen. Die Messlatte in Form von Klimazielen muss also noch viel höher gehängt werden, als die EU bislang in Betracht zieht.

Wir begrüßen auf jeden Fall schon einmal das Konzept für eine neue EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Allerdings fordern wir die Europäische Kommission nachdrücklich auf, eine ehrgeizigere EU - Anpassungsstrategie aufzustellen, die im Einklang mit dem Prinzip der aktiven Subsidiarität und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht, den entscheidenden Beitrag der Städte und Regionen zur Klimafolgenanpassung berücksichtigt und sie bei der Entwicklung bedarfsgerechter Lösungen vor Ort unterstützt. In jedem Fall herrscht Handlungsbedarf in wichtigen Bereichen: Beispielsweise sollte die Klimafolgenanpassung als übergeordnete Priorität in der Raumplanung und -ordnung berücksichtigt werden. Unbedingt auch müssen Fortschritte in den Bereichen Emissionshandel ( EU-EHS ), Lastenteilung ( Effort Sharing Decision, ESD ) und Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft ( LULUCF ) erzielt werden. Ferner müssen wir sehr viel mehr Finanzierungsmöglichkeiten für Klimaschutz- und Klimafolgenanpassungsprojekte schaffen, die grenzübergreifende Zusammenarbeit und den Austausch von Erfahrungen sowie bewährten Verfahren ausweiten, die Resilienz sowie Anpassungsfähigkeit verbessern und naturbasierte Lösungen und Innovationsmöglichkeiten fördern.

Die COVID-19-Pandemie hat verdeutlicht, wie anfällig unsere Gesellschaften gegenüber Infektionskrankheiten sind. Einige Wissenschaftler machen auf mögliche Zusammenhänge zwischen Pandemien, Naturschutz und Klimawandel aufmerksam. Besteht Ihres Erachtens ein engerer Zusammenhang zwischen der Anpassung an den Klimawandel und Gesundheitsschutz?

Das Gesundheitsniveau in den EU-Mitgliedstaaten war noch nie so hoch wie jetzt, doch droht der Klimawandel, die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte wieder zunichte zu machen. Die COVID-Krise hat deutlich gemacht, dass auf EU-Ebene und auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen viel mehr getan werden muss, dass es dringenden gemeinsamen Handlungsbedarf gibt. Schauen Sie nur einmal in den kürzlich veröffentlichten Bericht der EUA über die Anpassung der Städte an den Klimawandel. Ich möchte nur ein Beispiel daraus anführen: Ausgehend von aktuellen Vulnerabilitätsniveaus und ohne weitere Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung könnten die durch Hitzewellen verursachten Todesfallzahlen von derzeit 2 700 Hitzetoten jährlich bei einer Erderwärmung um 1,5 °C bzw. 2 °C bis 2050 auf 30 000 bzw. 50 000 hitzebedingte Todesfälle pro Jahr ansteigen. Es handelt sich um eine echte Bedrohung, die wir unbedingt abwenden müssen.

In welchen Bereichen können die Regionen und Städte Europas am meisten zur Anpassung an den Klimawandel beitragen?

Eine Anpassungsstrategie kann nur dann funktionieren, wenn sie den Anliegen, Ansichten und der Sachkenntnis der Regionen und Städte Rechnung trägt. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind für mehr als 70 % der Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und bis zu 90 % der Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung verantwortlich. Die Städte sind also schon Vorreiter und setzen Maßstäbe. Schätzungsweise 40 % der EU-Städte mit mehr als 150 000 Einwohnern haben bereits Anpassungspläne angenommen. Der Europäische Ausschuss der Regionen will sich weiter auf diesem Pfad engagieren, und wir gehen davon aus, dass der europäische Grüne Deal dazu beitragen wird, die Bemühungen zu verstärken und den weiteren Handlungsbedarf zu erkennen, um bis 2030 oder zumindest deutlich vor 2050 Klimaneutralität zu erreichen. In meiner Region – Helsinki – haben wir kürzlich einen neuen Fahrplan zur Verwirklichung der Klimaneutralität bis 2035 angenommen. Wir haben die Messlatte hoch gehängt, aber der Fahrplan zeigt, dass unsere Ziele erreichbar sind.

Überall in Europa sollten wir uns darauf konzentrieren, das Potenzial der kollaborativen Stärkung der Resilienz voll auszuschöpfen, und dafür sorgen, dass die subnationale Ebene in der Lage ist, schnell zu reagieren. Notfall- und Rettungsdienste, die an vorderster Front zum Einsatz kommen, haben entscheidende Bedeutung. Wir brauchen mehr Wissen, Kompetenzen und angemessene finanzielle Ressourcen auf lokaler und regionaler Ebene, um eine wirksame Anpassung an den Klimawandel zu ermöglichen.

Welche Bedeutung haben Anpassungsmaßnahmen für die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele vor Ort?

Anpassungsmaßnahmen sollten in jedem Fall eng mit der Verortung der UN-Nachhaltigkeitsziele verknüpft sein. Nachhaltigkeit sollte die „neue Normalität“ für alle Gemeinschaften, Unternehmen und Einzelpersonen wie auch im Rahmen von Haushaltsverfahren sein. Sinnvoll wären bspw. freiwillige lokale Überprüfungen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele und eben auch der Klimafolgenanpassungsmaßnahmen in den Städten und Regionen. Sie fördern Lernprozesse und führen durch Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Verfahren zu besseren Ergebnissen vor Ort. Beispielhaft ist diesbezüglich der Bericht meiner Stadt Espoo an die Vereinten Nationen über die umfassende freiwillige lokale Überprüfung der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele , in dem praktisch vor Augen geführt wird, wie Nachhaltigkeitskonzepte durch Zusammenarbeit vor Ort beschleunigt umgesetzt werden können und dabei niemand zurückgelassen wird.

Ansprechpartner:

pressecdr@cor.europa.eu

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