Die Verbraucherschutzinstrumente müssen den großen Herausforderungen der europäische Wirtschaft, nach der COVID-19-Krise, in vollem Umfang gerecht werden.
Die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) verabschiedeten auf ihrer Oktober - Plenartagung eine Stellungnahme zur neuen Verbraucheragenda , in der die Bedeutung des Schutzes der Verbraucherrechte hervorgehoben wird. Der Verbraucherschutz muss den Folgen der COVID-19-Krise, dem ökologischen und dem digitalen Wandel, der Globalisierung sowie neuen spezifischen Bedürfnissen schutzbedürftiger Verbraucherinnen und Verbraucher in vollem Umfang gerecht werden. Gleichzeitig betonen die lokalen und regionalen Entscheidungsträger, dass KMUs beim digitalen und ökologischen Wandel unterstützt werden müssen, ohne dass der Verwaltungsaufwand zunimmt. EU-Mittel sind für diesen Wandel von entscheidender Bedeutung.
Im Jahr 2019 entfielen 52,6 % des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union auf private Konsumausgaben. Indessen gab jeder fünfte Verbraucher an, dass er im vergangenen Jahr zumindest einmal Grund hatte, sich über einen getätigten Kauf zu beschweren – eine Zahl, die sich in den letzten zehn Jahren kaum geändert hat. Online - Käufe nehmen zu und jeder sechste Verbraucher erwarb 2019 mindestens einen Artikel im Internet. Allerdings haben die EU-Bestimmungen mit dem inzwischen allgegenwärtigen Online-Shopping nicht Schritt gehalten. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein hohes Verbraucherschutzniveau und eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen in der EU sind. Außerdem wurden einige Lücken im EU-Verbraucherschutzrahmen deutlich.
Alexia Bertrand (BE/Renew Europe), Mitglied des Parlaments der Region Brüssel-Hauptstadt und Berichterstatterin für den Entwurf der Stellungnahme zur neuen Verbraucheragenda , sagte: „Der Verbraucherschutz ist einer der wichtigsten europäischen Politikbereiche und für die Bürgerinnen und Bürger ganz unmittelbar relevant. Der europäische Markt hat jedoch viele grundlegende Veränderungen durchlaufen und steht vor zahlreichen Herausforderungen wie der aktuellen Pandemie. Deshalb müssen wir Verbraucherschutz neu denken. Es gilt, einmal mehr darauf hinzuweisen, dass die Verbraucherrechte unbedingt gewahrt und umgesetzt werden müssen: Jetzt, da diese Rechte in Anspruch genommen oder durchgesetzt werden, dürfen wir auf keinen Fall der Versuchung erliegen, sie zu schwächen.“
Der Europäische Ausschuss der Regionen unterstreicht in seiner Stellungnahme, die unmittelbaren Herausforderungen für die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher im Zusammenhang mit der Pandemie und betont nachdrücklich, dass die Verbraucherrechte und der gemeinschaftliche Besitzstand auch in Krisenzeiten gewahrt und strikt umgesetzt werden müssen. So sollte beispielsweise die jüngste Stärkung der Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr noch andauern und auf Stornierungen z. B. in der Kultur- oder Veranstaltungsbranche ausgeweitet werden.
Nachhaltiger Verbrauch ist für die Verwirklichung der Ziele des Grünen Deals von entscheidender Bedeutung. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU spielen beim Übergang zu einer grünen Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Deshalb müssen sie nach Ansicht des AdR transparent und klar über Nachhaltigkeit, Reparierbarkeit sowie den sozialen und ökologischen Fußabdruck von Produkten informiert werden, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Darüber hinaus spielen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle bei der Förderung neuer Verbrauchskonzepte und Verhaltensweisen auf lokaler und regionaler Ebene wie der Wirtschaft des Teilens (Sharing Economy).
In der Stellungnahme werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, wie etwa die Erfassung bestehender lokaler Initiativen zur Schaffung einer Infrastruktur für Reparaturen vor Ort und zur Unterstützung von Geschäftsmodellen, die den Kauf einer Dienstleistung statt einer Ware ermöglichen. Außerdem die Unterstützung lokaler und regionaler Projekte zum Ausbau des Finanzwissens der Verbraucherinnen und Verbraucher gerade auch im Bereich der neuen digitalen Technologien sowie die Unterstützung von Initiativen zur Förderung des lokalen Handels und des Handwerks.
Schließlich wird eine Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, den Verbraucherorganisationen und den Unternehmen gefordert, damit diese ihre Kräfte für eine maximale Ressourcennutzung bündeln können.
Hintergrundinformationen:
Neue Verbraucheragenda – Die Europäische Verbraucheragenda ist die strategische Vision der Europäischen Kommission für die Verbraucherpolitik. Am 13. November 2020 veröffentlichte die Europäische Kommission eine neue Verbraucheragenda, also ihre Strategie für die Verbraucherpolitik für den Zeitraum 2020–2025. Mit der Strategie sollen fünf langfristige Prioritäten angegangen werden: Übergang zu einer grünen Wirtschaft, digitaler Wandel, Rechtsschutz und Durchsetzung der Verbraucherrechte, spezifische Bedürfnisse bestimmter Verbrauchergruppen und internationale Zusammenarbeit. Darüber hinaus werden Maßnahmen zur Bewältigung von Herausforderungen vorgeschlagen, die während der Pandemie entstanden sind. Die Kommission will die Verbraucherinnen und Verbraucher in den kommenden fünf Jahren für den ökologischen Wandel rüsten: durch Informationen über die Nachhaltigkeit von Produkten, die Einführung eines Rechts auf Reparatur und die Festlegung von Regeln für umweltbezogene Angaben. Sie plant, gegen problematische Praktiken auf Online-Marktplätzen vorzugehen, Lücken bei den Vorschriften für die Produktsicherheit, insbesondere für online verkaufte Produkte, zu schließen und die Durchsetzung der bestehenden Vorschriften zu verbessern. Gleichzeitig sollen schutzbedürftige Gruppen besser geschützt werden, insbesondere Menschen ohne Internet-Zugang und Kinder. Die Vorschriften für das Privatkundengeschäft bei Bankdienstleistungen sollen überarbeitet und die Finanzberatungsdienste in den Mitgliedstaaten verbessert werden.
Europäische Verbraucheragenda – Mitteilung der Europäischen Kommission
Stellungnahme zum Thema „Neugestaltung der Rahmenbedingungen für die Verbraucher“ , Samuel Azzopardi (MT/EVP)
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