Die Regionen und Kommunen der EU wollen bei aktuellen Reformen im Energiebereich stärker mitreden, damit Investitionen strategisch auf ihre Prioritäten abgestimmt sind, bedürftige Teile der Bevölkerung besser vor Energiearmut geschützt und KMU unterstützt werden. In einer Dringlichkeitsentschließung fordert der Europäische Ausschuss der Regionen die EU auf, eine echte Energieunion aufzubauen und Synergien zwischen den Finanzierungsprogrammen der EU zu schaffen. Durch einen gezielten Mitteleinsatz müssen nachhaltige Energieprojekte vor Ort beschleunigt werden. Zudem sind Investitionen in den Kapazitätsaufbau und die Weiterqualifizierung des Personals nötig, gerade jetzt im Europäischen Jahr der Kompetenzen 2023.
Am 9. Februar verabschiedete der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) eine Dringlichkeitsentschließung zur Energiekrise. Sie enthält eine Reihe von Vorschlägen zur Beschleunigung des Übergangs der EU zu sauberer Energie sowohl in der Produktion als auch beim Konsum sowie in der Bauwirtschaft und im Verkehr. Der AdR dringt auf ein solides Sozialpaket und gerechte Umverteilungsmaßnahmen, um die sozialen Folgen der Energiekrise insbesondere für finanzschwache Haushalte aufzufangen. Die derzeitigen Initiativen geben den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht die benötigte sofortige Unterstützung, heißt es in der Entschließung weiter.
Josef Frey (DE/Grüne), Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, sagte: "Die Energiepreiskrise ist eine Folge der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Nur mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien und vernünftiger Energieverwendung können wir massive Preissprünge und existenzielle Notlagen verhindern. Auch mehr Hilfe bei der energetischen Gebäudemodernisierung und Energieeffizienz muss her, denn damit lassen sich schnell substanzielle Einsparungen erzielen. Nächstes Ziel sollte die Unabhängigkeit der EU von in China produzierten Solarzellen sein – das schafft Arbeitsplätze, ist gut für das Klima und bringt uns schneller ans Ziel, um langfristig Energiearmut zu lindern."
Isolde Ries (DE/SPE), Bezirksbürgermeisterin von Saarbrücken-West, fügte hinzu: "Die Energiekrise in Europa trifft nicht nur die privaten, gewerblichen und industriellen Endkunden, sondern auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften - als Eigentümer von Energieversorgungsunternehmen, Stadtwerken, Gebäuden, Schulen, Kitas und Krankenhäusern. Diese Form der Daseinsvorsorge vor Ort müssen auch in der Krise sicher und bezahlbar aufrechterhalten werden. Sie betonte zudem: "Als Sozialdemokrat*innen setzen wir uns zudem für die gezielte Entlastung gerade unterer Einkommen ein. Teure Energie trifft alle, aber nicht alle gleich hart."
Dietmar Brockes (DE/RE), Mitglied des Landtags von NRW, sagte: "Als Energieland Nummer 1 wissen wir in Nordrhein-Westfalen welche Bedeutung den Unternehmen, vor allem der energieintensiven Industrie, bei der Dekarbonisierung zukommt. Eine Gängelung der Wirtschaft wird dabei keine Akzeptanz finden – weder in den Regionen noch darüber hinaus. Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit können nur mit smarten und verlässlichen Rahmenbedingungen, Technologieoffenheit und Innovation erreicht werden."
Die Städte und Regionen mahnen ehrgeizigere Vorschläge an, damit Lösungen für saubere Energie die einfachste und kostengünstigste Option auf dem Markt werden. Energiegemeinschaften und lokale Gebietskörperschaften sollten das uneingeschränkte Recht auf Zugang zu den Versorgungsnetzen haben, ohne dass sie den gleichen gesetzlichen Regelungen wie Einzelhandelsanbieter unterliegen.
Der Ausschuss fordert die Schaffung einer echten europäischen Energieunion mit einem vollständig integrierten und gut vernetzten Markt in der gesamten EU und ersucht den schwedischen Ratsvorsitz, sich für eine rasche Annahme der verbleibenden Legislativvorschläge des Pakets „Fit für 55“ einzusetzen.
Der AdR befürwortet die Stärkung der EU-Energieplattform wegen ihrer positiven Wirkung auf die Energiepreise. Bei den laufenden Reformen des Strommarktes erwartet der AdR Maßnahmen zur Entkoppelung der Gas- und Strompreise.
Die Städte und Regionen der EU fordern die Mitgliedstaaten auf, sie in die für 2023 vorgesehene Überarbeitung der nationalen Energie- und Klimapläne einzubeziehen. Sie dringen auf eine direkte Beteiligung an der Ausarbeitung der neuen REPowerEU-Kapitel in den Plänen für die Aufbau- und Resilienzfazilität, um die Finanzierung strategischer und grenzüberschreitender Infrastrukturprojekte sicherzustellen. In den REPowerEU-Kapiteln der Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten sollen neue Reformen und Investitionen aufgezeigt werden, die zur Stärkung der Resilienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit des Energiesystems der Union beitragen, was auch die Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien betrifft.
In der Frage der Finanzierung fordern die Städte und Regionen der EU, dass gezielte Energieinvestitionen von der Berechnung des Defizits im Rahmen der Haushaltsregeln ausgenommen werden. Der AdR als Versammlung der Städte und Regionen der EU spricht sich darüber hinaus für ein zentrales Finanzierungsportal für die Umsetzung der Renovierungswelle aus und fordert die Mitgliedstaaten auf, REPowerEU-Mittel dazu einzusetzen, Investitionen in Energieeffizienz und Gebäudesanierung zu beschleunigen.
Im Bereich Verkehr fordert der Europäische Ausschuss der Regionen ein europaweites Projekt für die Beschaffung von Wasserstoffbussen in der EU und unterstreicht die Forderung der Allianz der Automobilregionen nach Unterstützung für einen gerechten Übergang in energieintensiven Regionen mit einer starken Automobil- und Automobilzulieferindustrie.
Hintergrund
Die EU-Energieplattform wurde am 7. April 2022 bei einem ersten Treffen mit den EU-Ländern eingerichtet, um die Energieversorgung der EU zu erschwinglichen Preisen im derzeitigen geopolitischen Kontext zu sichern und schrittweise unabhängiger von russischem Gas zu werden.
Webportal„Der Grüne Deal – Going local“.
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