In einer auf seiner Plenartagung am Donnerstag verabschiedeten Entschließung erinnerte der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) daran, dass die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit der beste Weg sind, um eine wirksame und effiziente Beschlussfassung zu gewährleisten, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht wird.
AdR-Präsident Apostolos Tzitzikostas betonte, Europa müsse unter Wahrung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit möglichst bürgernah handeln: „Dies bedeutet keineswegs ‚weniger Europa‘, sondern ein Europa mit einer besseren politischen Steuerung, damit jeder Beschluss unmittelbar dazu beiträgt, den Alltag der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften muss in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen – wie Bildung, Gesundheit, Umwelt und Kohäsionspolitik – mehr Mitgestaltungsmacht in der Beschlussfassung der EU gegeben werden, damit diese den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht wird. Um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, müssen wir zudem unsere europäischen Werte durch Bildung sowie einen ständigen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern fördern.“
Auf der Plenartagung fand ein Austausch zwischen den AdR-Mitgliedern und den Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Europäische Demokratie“ der Plenarversammlung der Konferenz zur Zukunft Europas statt:
Reinhold Lopatka , Mitglied des österreichischen Nationalrates, betonte, dass „die Konferenz zur Zukunft Europas die Chance bietet, den Frühwarnmechanismus zu reaktivieren, der es möglich macht, den Mehrwert von EU-Rechtsakten und damit die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips zu bewerten . Dadurch könnten die nationalen und regionalen Parlamente ihre Einflussmöglichkeiten auf den EU-Beschlussfassungsprozess wieder stärken.“
Sandro Gozi , Mitglied des Europäischen Parlaments, hob hervor, dass „die Konferenz zur Zukunft Europas den Anstoß für den Aufbau eines neuen europäischen politischen Raums geben kann. Länderübergreifende Listen für die Wahlen zum Europäischen Parlament können hierzu beitragen. Außerdem müssen neue Wege der Interaktion mit den Bürgerinnen und Bürgern gesucht werden, um in Ergänzung zur repräsentativen Demokratie eine partizipative Demokratie zu etablieren. Dabei kommt es auf aufgrund ihrer Bürgernähe auf die lokale und regionale Ebene an.“
Der stellvertretender Außenminister Litauens Arnoldas Pranckevičius unterstrich, dass „sich alle Regierungs- und Verwaltungsebenen dafür einsetzen müssen, das Vertrauen der Menschen in die Europäische Union und die Demokratie wieder zu stärken. Die lokale und die regionale Ebene sind dafür geradezu prädestiniert, da sie am besten wissen, was die Menschen vor Ort bewegt.“
Wepke Kingma , niederländischer Delegierter bei der Konferenz zur Zukunft Europas, wies auf eine Umfrage eines renommierten niederländischen Meinungsforschungsinstituts hin: „Die Bevölkerung in meinem Land möchte besser über die EU informiert werden. Bildung und unabhängige Medien können hier eine wichtige Rolle spielen. Transparenz ist von entscheidender Bedeutung für ein besseres Verständnis der EU. Im Abschlussbericht der Konferenz zur Zukunft Europas müssen die Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden, außerdem müssen konkrete Folgemaßnahmen vorgesehen werden.“
In seiner Entschließung spricht der AdR u. a. folgende zentrale Empfehlungen aus:
Der AdR sollte schrittweise von einer beratenden Einrichtung zu einem Mitentscheidungsorgan der Europäischen Union in zentralen Politikbereichen mit territorialen Auswirkungen weiterentwickelt werden;
dem AdR sollte Zugang zu Trilogen und damit zusammenhängenden Dokumenten gewährt werden, sofern er eine Stellungnahme zu dem betreffenden Vorschlag gemäß Artikel 307 AEUV abgegeben hat. Zudem sollte ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, den beiden gesetzgebenden Organen Kompromisse vorzuschlagen;
Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip müssen zur Aussetzung von Zahlungen oder Finanzkorrekturen führen, wobei diejenigen Empfänger von EU-Mitteln, darunter auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die nicht für die Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit verantwortlich sind, im Falle solcher Maßnahmen weiterhin finanzielle Unterstützung von dem betreffenden Mitgliedstaat erhalten müssen;
die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen ganz klar institutionell in die Gestaltung und Umsetzung der Klima-, Energie- und Umweltpolitik eingebunden werden. Zudem muss ihnen direkter Zugang zu EU-Mitteln gewährt werden, bürokratische Hürden müssen auf das Notwendige reduziert werden. Außerdem müssen vor allem mit Blick auf die Investitionspläne zur Unterstützung des Grünen Deals und die Resilienz- und Aufbaupläne koordinierte Programme auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen aufgelegt werden;
die Konferenz zur Zukunft Europas muss als Ausgangspunkt für eine umfassende Stärkung der demokratischen Verfahren auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene betrachtet werden. Zudem muss eine kontinuierliche, wirklich inklusive, transparente, dezentrale, geografisch und politisch ausgewogene Debatte über die Zukunft der Europäischen Union geführt werden.
Der AdR wird seinen endgültigen Beitrag zur Konferenz zur Zukunft Europas auf dem 9. Europäischen Gipfeltreffen der Regionen und Städte am 3./4. März in Marseille vorstellen.
Weitere Informationen:
Die allermeisten Beiträge von Bürgerinnen und Bürger sind auf der mehrsprachigen digitalen Plattform der Konferenz zur Zukunft Europas zum Thema „Demokratie in Europa“ eingegangen. Die aufgeworfenen Fragen betreffen eine breite Themenpalette, die von der Funktionsweise der EU-Institutionen über die Bekämpfung von Desinformation bis hin zum Schutz der Grundrechte reicht. Die Arbeitsgruppe „Europäische Demokratie“ unter dem Vorsitz von MdEP Manfred Weber (DE/EVP) hat die Aufgabe, die auf der Plattform ausgesprochenen Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger zu analysieren und sie mit Blick auf den derzeitigen institutionellen Rahmen der EU und dessen möglicher Reform zu bewerten. Der AdR, der mit vier Delegierten in der Arbeitsgruppe vertreten ist, leitet die Debatte über das Unterthema „Subsidiarität“ gemeinsam mit einem Vertreter eines nationalen Parlaments.
Der AdR tritt für das Subsidiaritätsprinzip ein und sorgt durch seine gesetzgeberische und politische Arbeit, durch Initiativen und Netzwerke wie das Netz für Subsidiaritätskontrolle und das RegHub-Netz , das die Durchführung der EU - Politik bewertet, sowie durch die Teilnahme an der Plattform Fit4Future für die Anwendung dieses Grundsatzes.
Delegation gewählter Mandatsträger der lokalen und regionalen Ebene in der Plenarversammlung der Konferenz
Zwischenbericht über die Bürgerdialoge des AdR
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