Der Europäische Ausschuss der Regionen unterstreicht seine Vision einer stärker geeinten und demokratischeren EU, die auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger eingeht. Kurz bevor die EU-Führungsspitzen die „ Strategische Agenda der EU “ für die nächsten fünf Jahre annehmen, legt der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) seine Ansichten zur Zukunft Europas dar. „ Gemeinsam für eine bürgernähere EU “ – so lautet der Titel der Veröffentlichung des AdR, in der er die Mitgliedstaaten zu einer radikalen Änderung der Arbeitsweise der EU aufruft. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass alle Entscheidungen und politischen Maßnahmen der EU vor Ort verankert werden müssen, um die Demokratie zu stärken und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen.
AdR-Präsident Karl-Heinz Lambertz sagte: „Die Europawahl hat gezeigt, dass die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger noch daran glaubt, dass eine geeinte Europäische Union die Zukunft ist, daher brauchen wir eine Kursänderung und müssen liefern. Doch können wir in einer Zeit des zunehmenden Populismus und einer zunehmend kritischen Haltung gegenüber der EU nicht einfach weitermachen wie bisher. Die EU muss sichtbarer und wirksamer werden und besser auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger eingehen, indem sie ihre Arbeitsweise ändert. Das bedeutet, dass wir die eine Million gewählten lokalen und regionalen Mandatsträger in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mitnehmen und stärken müssen. Die Städte und Regionen sind ein grundlegender Baustein des demokratischen Fundaments der EU, auf dem wir Europa von Grund auf erneuern müssen.“
Markku Markkula , Erster Vizepräsident des AdR, sagte: „Die Städte und Regionen haben bewiesen, dass sie zur Schaffung eines nachhaltigen Europas beitragen können, das in der Lage ist, gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen und Innovationen umsetzen kann, indem die Maßnahmen und Lösungen der EU auf der lokalen und regionalen Ebene verankert werden. Die vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament festgelegten Ziele sind ohne den Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die unmittelbar mit der Bevölkerung vor Ort zusammenarbeiten und bewährte Verfahren nutzen, nicht erreichbar.“
Drei Leitgrundsätze für mehr Bürgernähe der EU:
Änderung der EU-Beschlussfassung – eine „aktive Subsidiarität“ im Sinne der von der Taskforce für Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit empfohlenen neuen Arbeitsweise der EU wird gebraucht. Die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften müssen in alle Phasen des EU-Gesetzgebungszyklus einbezogen werden;
Zusammenwirken aller Regierungsebenen: Multi-Level-Governance , ein abgestimmtes Handeln der europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Ebene ist entscheidend, damit die EU ihre Ziele umsetzen kann. Eine stärkere Dezentralisierung und eine bessere Kompetenzverteilung müssen für die Förderung einer verantwortungsvollen Regierungsführung erreicht werden.
Ein ständiger Dialog mit den Bürgern: Der AdR fordert die Einrichtung eines ständigen Systems von Bürgerdialogen/-konsultationen , die nicht nur im Vorfeld von Europawahlen stattfinden sollten. Dieser neue Mechanismus würde das Beschlussfassungsverfahren der EU ergänzen und den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, Einfluss auf die Agenda und die Politikgestaltung der EU zu nehmen.
Verankerung der EU-Politik vor Ort:
Die Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) als übergeordnete Entwicklungsstrategie der EU für alle Regierungsebenen;
Stärkung des Zusammenhalts in der EU , wozu auch eine starke EU-Kohäsionspolitik nach 2020 mit einer angemessenen Mittelausstattung, eine stärkere soziale Dimension der EU, bessere Stadt-Land-Beziehungen zur Überwindung der territorialen Kluft und angemessene Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels gehören;
Engagement für eine nachhaltige Umwelt: Der AdR unterstützt eine ehrgeizige Politik für ein klimaneutrales Europa , die durch nationale ebenenübergreifende Klimaschutz- und Energiedialoge eine angemessene Einbindung und Handlungskompetenz aller Regierungsebenen gewährleistet. Der Ausschuss fordert ferner eine Gemeinsame Agrarpolitik, die gerecht und nachhaltig ist und auf Solidarität basiert und die zentrale Rolle der europäischen Regionen wahrt;
Förderung von Forschung, Innovation und Digitalisierung , einschließlich einer spezifischen Forschungs- und Entwicklungspolitik mit starkem regionalem Bezug und einer ortsbezogenen Industrie- und Handelspolitik;
Anwendung der Werte der EU in der lokalen und regionalen Praxis: Angesichts der Zuständigkeiten der Städte und Regionen für die Aufnahme und Integration von Migranten fordert der AdR eine angemessene EU-Finanzierung und -Unterstützung für seine im Frühjahr eingeleitete Initiative „ Städte und Regionen für Integration “. Daneben möchte der AdR auch die Kapazitäten von Behörden der lokalen und regionalen Ebene außerhalb der EU stärken.
Ein EU-Haushalt, der den Zielsetzungen der EU gerecht wird
Um den Städten und Regionen den erforderlichen Spielraum zu sichern und das Wachstumspotenzial zu stärken, fordert der AdR, dass der nächste mehrjährige Finanzrahmen mindestens 1,3 % des Bruttonationaleinkommens der EU-27 betragen sollte und möglichst rasch angenommen wird, damit die Finanzierungsprogramme frühzeitig geplant und vorbereitet werden können. Ferner weist der AdR darauf hin, dass jeder Versuch einer Rezentralisierung des EU-Haushalts vermieden werden muss, insbesondere wenn dadurch die geteilte Mittelverwaltung von Programmen untergraben würden.
Hinweis für die Presse:
Auf dem 8. Gipfeltreffen der Regionen und Städte im März 2019 in Bukarest verabschiedete der AdR eine 10-Punkte-Erklärung für die Zukunft der EU, mit dem Ziel, diese von Grund auf zu erneuern.
Der AdR wird seine Vorschläge für die neue Legislaturperiode der Europäischen Union im Einzelnen in einer Entschließung darlegen, die von seinen Fraktionen auf der Plenartagung am 26./27. Juni verabschiedet werden soll.
Ansprechpartnerin:
Nathalie Vandelle
nathalie.vandelle@cor.europa.eu
Tel.: +32 (0)2 282 24 99