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Lokale und regionale Entscheidungsträger fordern Netz wohnortnaher Dienste statt großer unpersönlicher Pflegeeinrichtungen  

Der Europäische Ausschuss der Regionen bekundet seine entschiedene Unterstützung für den Übergang von der institutionellen zur umfeldnahen Betreuung zugunsten eines selbstbestimmten Lebens. Die Stellungnahme zum Thema Deinstitutionalisierung von Fürsorgesystemen auf lokaler und regionaler Ebene wurde auf der Plenartagung am 30. November einstimmig verabschiedet. In ihr werden konkrete Leitlinien für die Umstellung dargelegt, in denen das wachsende Bewusstsein seinen Niederschlag findet, dass eine institutionelle Betreuung nicht mehr zeitgemäß ist.

„In meiner Stellungnahme“, erläutert Xamuel Gonzalez Westling (SE/SPE), Mitglied des Gemeinderats von Hofors, „wird ein Paradigmenwechsel hin zu einer individuelleren Betreuung gefordert. Die Deinstitutionalisierung ist ein Schritt auf dem Weg, alle Menschen als gleichwertig zu betrachten. Früher dachte man, dass nur große Institutionen durch ihre Größenvorteile Positives für den Menschen bewirken können; heute wissen wir, dass wohnortnahe Dienste besser sind und sie es den Betroffenen ermöglichen, mit ihrer Familie und den Menschen in ihrer Nachbarschaft in Verbindung zu bleiben.“

Schätzungen zufolge leben derzeit 1,2 Mio. Europäer in institutioneller Betreuung hinter verschlossenen Türen und leiden ihr Leben lang unter den Folgen der Institutionalisierung. Jeder Sechste in der Europäischen Union – insgesamt etwa 80 Millionen Menschen – hat eine mittelschwere bis schwere Behinderung. Mehr als ein Drittel aller über 75-Jährigen hat eine Beeinträchtigung, die sie in irgendeiner Form in ihrem täglichen Leben einschränkt. Dieser Prozentsatz dürfte mit der Zunahme des Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung in der EU weiter ansteigen. Physische und andere Barrieren sowie Diskriminierung hindern die meisten von ihnen allzu oft daran, in vollem Umfang an Gesellschaft und Wirtschaft teilzuhaben.

„Ich bin überzeugt, dass Vielfalt unser Leben bereichert und uns hilft zu verstehen, was im Leben wirklich wichtig ist“, erklärt der Berichterstatter, und er betont weiter: „Jeder Mensch trägt auf seine eigene Weise zum Fortschritt unserer Gesellschaft bei. Es sind unsere Unterschiede, die uns als Gesellschaft stärker machen. Wenn wir diese Unterschiede akzeptieren und versuchen, aus ihnen zu lernen, werden wir nicht nur bessere Entscheidungen treffen, sondern auch etwas über uns selbst erfahren. Die Deinstitutionalisierung ist mehr ein Mittel zum Zweck als nur ein Ziel an sich.“

In der einstimmig verabschiedeten Stellungnahme des AdR wird darauf hingewiesen, dass die institutionelle Pflege angesichts der sich wandelnden gesellschaftlichen Einstellung zu Menschen mit Behinderungen und psychischen Problemen zunehmend in Frage gestellt wird. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass eine langfristige Heimunterbringung negative Auswirkungen hat, und es herrscht auch Einigkeit darüber, dass offenere Formen der Betreuung in der Gemeinschaft vorzuziehen sind. Hinzu kommt, dass eine gute lokale Versorgung nicht einmal zwangsläufig teurer sein muss. Gesundheitsökonomische Studien haben ergeben, dass umfeldnahe psychiatrische Dienste im Allgemeinen genauso viel kosten wie die Krankenhausversorgung. Da sie aber durchweg bessere Ergebnisse für den Einzelnen haben, erweisen sie sich aus gesamtgesellschaftlicher Sicht als kosteneffizienter.

Nicht allein logistische Veränderungen – wie die Entwicklung hochwertiger Dienste in der Gemeinschaft, die geplante Schließung von Einrichtungen für eine Langzeitunterbringung und eine Umleitung finanzieller Mittel aus dem institutionellen System in die neuen Dienste – sind für den Übergang von der institutionellen zur familiären und wohnortnahen Betreuung erforderlich, sondern auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Stigmatisierung, Vorurteilen und Stereotypen sowie ein allgemeines Umdenken.

Der AdR legt außerdem ein besonderes Augenmerk auf die Förderung und den Schutz der Rechte des Kindes: Die Familie (biologische Eltern oder Adoptiveltern) und das breitere Umfeld sorgen durchweg für bessere Pflege als institutionelle Alternativen.

Der Rat der Europäischen Union wird voraussichtlich am 7. Dezember 2017 die Schlussfolgerungen zur „Verbesserung der Betreuung und Pflege in der lokalen Gemeinschaft für ein unabhängiges Leben“ annehmen.

Hinweise für die Presse

Die Stellungnahme zum Thema Deinstitutionalisierung von Fürsorgesystemen auf lokaler und regionaler Ebene beruht auf einer Befassung der estnischen Regierung im Rahmen der in Estland zurzeit stattfindenden Reformprozesse zur Modernisierung der dortigen Gesundheitsversorgung.

In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union heißt es: „Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.“ Außerdem haben sich die EU und ihre 27 Mitgliedstaaten durch die Unterzeichnung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen bereits dazu verpflichtet, ein Europa ohne Barrieren zu schaffen.

In der europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen werden Maßnahmen dargelegt, die die EU im Rahmen der Strategie Europa 2020 (IP/10/225) ergreifen sollte. Daneben wird auch auf die Maßnahmen im Bericht über die Unionsbürgerschaft aus dem Jahr 2010 verwiesen (IP/10/1390).

Die Gemeinsamen europäischen Leitlinien für den Übergang von einer institutionellen Betreuung zu einer Betreuung in der lokalen Gemeinschaft können einem Bericht entnommen werden, der 2012 mit Unterstützung der Europäischen Kommission erstellt wurde. Ausgearbeitet wurden sie von der europäischen Expertengruppe für den Übergang von einer institutionellen Betreuung zu einer Betreuung in der lokalen Gemeinschaft, in der sich Interessenträger zusammengeschlossen haben, um die Interessen pflegebedürftiger Menschen und deren Familien zu vertreten.

Fotos können über die Fotobibliothek des Europäischen Ausschusses der Regionen heruntergeladen werden.

Kontakt

Wioletta Wojewódzka
Tel. +32 2 282 22 89

wioletta.wojewodzka@cor.europa.eu

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