Eine Umfrage des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) belegt, dass die überwiegende Mehrheit der Regionen und Städte nicht an der Ausarbeitung der Aufbaupläne für die Zeit nach COVID-19 beteiligt werden – obwohl sie Schlüsselakteure für die Überwindung der Krise sind. Die Europäische Kommission verpflichtet sich, diesen entscheidenden Aspekt bei der Bewertung der nationalen Pläne zu berücksichtigen.
Eine jüngst vom AdR und RGRE durchgeführte Umfrage zeigt, dass viele nationale Regierungen in der EU die Regionen und Städte ausschließen, wenn es um die konkrete Ausformulierung ihrer Wiederaufbaupläne geht. Die Regional- und Kommunalpolitiker nutzten die Gelegenheit auf der März-Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), um Valdis Dombrovskis, zuständiger Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission, ihre Bedenken mitzuteilen.
Außerdem fand eine Debatte über die Rolle der Regionen und Städte bei der Gestaltung, Umsetzung und Steuerung der nationalen Konjunkturprogramme, sowie des neuen Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte statt. Anschließend wurde die Stellungnahme zur Überprüfung der europäischen Handelspolitik erläutert. Erarbeitet wurde sie von Willy Borsus (BE/Renew Europe), stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Wirtschaft und Außenhandel der wallonischen Regierung. Die Stellungnahme wurde am Ende der Plenartagung offiziell verabschiedet.
AdR-Präsident Apostolos Tzitzikostas eröffnete die Debatte mit der Feststellung, dass Top - down - Ansätze und Zentralisierung die Wirkung der EU-Aufbaufinanzierung ernsthaft beeinträchtigen. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Schlüsselrolle, die den Regionen, Städten und Dörfern in der Pandemie zukommt, bei der Governance der Aufbaupläne und bei der Arbeit im Rahmen des Europäischen Semesters angemessen berücksichtigt wird. Wir begrüßen die Zusage der Europäischen Kommission, diesen entscheidenden Aspekt bei der Bewertung und Annahme nationaler Pläne zu berücksichtigen.“
Exekutiv-Vizepräsident der Kommission Valdis Dombrovskis erklärte: „Die Mitgliedstaaten arbeiten intensiv an der Ausarbeitung von Aufbau- und Resilienzplänen. Diese können nur dann erfolgreich sein, wenn die Unterstützung der Regionen und Kommunen vor Ort stark genug ist und sie auch von den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft mitgetragen werden. Aus den nationalen Plänen muss hervorgehen, wie die Konsultationen der Interessenträger durchgeführt werden, in welcher Form ihre Ergebnisse bei den vorgeschlagenen Investitionen und Reformen berücksichtigt werden und wie sie unter Berücksichtigung der lokalen, regionalen und nationalen Unterschiede zur Stärkung der Kohäsion beitragen. Ohne die Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie der Interessenträger können diese Pläne nicht umgesetzt werden.“
Die AdR-Mitglieder erörterten auch, inwieweit eine reformierte EU-Handelspolitik zur wirtschaftlichen Erholung beitragen könnte. Im Rahmen einer Bestandsaufnahme sowohl externer Probleme (erhöhte geopolitische Spannungen) als auch interner Herausforderungen (wie der europäische Grüne Deal und der digitale Wandel) forderten sie eine Überarbeitung der EU-Handelspolitik und ihre Abstimmung mit den übergeordneten sozialen und wirtschaftlichen Leitlinien der EU. Um die EU-Handelspolitik stärker zu legitimieren, forderte der AdR bei künftigen Legislativvorschlägen im Bereich Handel eine intensivere und frühzeitigere Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie zivilgesellschaftlicher Organisationen.
Willy Borsus (BE/Renew Europe), stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Wirtschaft und Außenhandel der wallonischen Regierung, vertrat den Standpunkt: „Die EU muss ihre Handelspolitik gründlich überdenken, um ihre Position als weltweiter Vorreiter für eine offene, faire, nachhaltige und regelbasierte internationale Handelsordnung zu stärken.“
Darüber hinaus bot die Diskussion den lokalen, regionalen und europäischen Vertretern Gelegenheit zu einem ersten politischen Austausch über den neuen Aktionsplan zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte , den die Europäische Kommission vor zwei Wochen vorgelegt hatte. „In unserem täglichen Kampf gegen die Pandemie an vorderster Front konnten wir beobachten, wie die Gesundheitskrise immer mehr zu einer sozialen Krise geworden ist. Daher begrüßen wir den Aktionsplan zur Umsetzung der Säule sozialer Rechte als Instrument zur Steuerung von Investitionen in den sozialen Zusammenhalt auf der Grundlage klarer Ziele, die durch die Bündelung europäischer, nationaler und regionaler Ressourcen und politischer Maßnahmen erreicht werden sollen“ , so Anne Karjalainen (FI/SPE), Vorsitzende der AdR-Fachkommission für Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung, Forschung und Kultur (SEDEC).
Hintergrund:
Zur Umfrage:
Der AdR und der Rat der Gemeinden und Regionen Europas ( RGRE ) haben gemeinsam eine Umfrage zur Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Ausarbeitung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne durchgeführt. Die Ergebnisse, die am 22. Januar in der Sitzung der Fachkommission für Wirtschaftspolitik des AdR vorgestellt wurden, zeigen, dass nur wenige Länder die Beiträge ihrer lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgegriffen haben. Dies könnte die erfolgreiche Umsetzung des Aufbauplans für Europa gefährden. Weitere Informationen finden Sie hier .
Zur Handelspolitik:
Am 16. Juni 2020 leitete die Europäische Kommission eine Konsultation zur Handels- und Investitionspolitik der EU ein. Diese Konsultation diente in erster Linie dazu, zu untersuchen, wie die Handelspolitik zu einem raschen und nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Aufschwung, zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Förderung der Werte und Normen der EU beitragen kann. Zweites Ziel war die Überarbeitung der Handelspolitik unter dem Gesichtspunkt der „ offenen strategischen Autonomie “. Das Modell der „offenen strategischen Autonomie“ wird es europäischen Unternehmen, Arbeitnehmern und Verbrauchern ermöglichen, die Vorteile der Offenheit zu nutzen, aber trotzdem vor unlauteren Praktiken geschützt zu sein und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber noch nicht bekannten künftigen Herausforderungen zu stärken. Der Beitrag des AdR zu diesen Arbeiten besteht in einem Stellungnahmeentwurf zur Überprüfung der Handelspolitik der Kommission.
Zur Europäischen Säule sozialer Rechte:
Die Europäische Kommission legte den Aktionsplan zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte am 4. März vor. Darin werden drei ehrgeizige Kernziele festgelegt, die als Leitfaden für die politischen Entscheidungen der Mitgliedstaaten und ihrer Regionen zur Verwirklichung der einzelnen Ziele der Säule dienen. In diesem Zusammenhang sollten die verschiedenen EU-Fonds voll ausgeschöpft werden, um soziale Investitionen anzustoßen. Die neuen Kernziele sehen vor, dass bis 2030 mindestens 78 % der 20- bis 64-Jährigen einer Beschäftigung nachgehen, mindestens 60 % aller Erwachsenen jedes Jahr an Fortbildungen teilnehmen und die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen um mindestens 15 Millionen verringert wird. Die Pressemitteilung über die Reaktionen auf die Vorlage des Aktionsplans finden Sie hier .
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